Zum Abschluss meines Masterstudiums habe ich als Volunteer an den Rhine-Ruhr 2025 FISU Games teilgenommen und zwei unvergessliche Wochen in Essen mit dem deutschen Tischtennisteam verbracht.
Drei Jahre Studium in Deutschland, ein Auslandssemester in Norwegen und ein sechsmonatiges Praktikum – so habe ich mein eigentlich zweijähriges Masterstudium fast auf fünf Jahre ausgedehnt. Jetzt stehe ich tatsächlich am Ende meiner Studienzeit, kurz vor dem endgültigen Abschluss.
In diesen letzten Monaten als Studentin wollte ich unbedingt noch etwas Besonderes machen. Etwas, das sich wie ein persönliches Abschiedsritual anfühlt – ein Projekt, das all die Erfahrungen, das Wachsen, das Zweifeln und die Freude meiner Studienjahre in einem besonderen Moment bündelt.
Mit diesem Gedanken im Kopf bewarb ich mich als Volunteer für die FISU World University Games 2025, die im Ruhrgebiet stattfanden. Als Delegationsattachée – also als Bindeglied zwischen einer Delegation und dem Organisationsteam – durfte ich Teil dieses großen, internationalen Sportereignisses werden.
Vom Spielfeld bis zur Wäscherei – Alltag hinter den Kulissen
Ich wurde der deutschen Delegation zugeteilt, die dieses Jahr als Gastgeberin bei den FISU Games fungiert. Im Gegensatz zu vielen anderen Attachés aus verschiedenen Ländern hieß das für mich: Kein Abholen am Flughafen, keine Begleitung der Teamleitung und auch keine Übersetzungsaufgaben. Stattdessen wurde ich nach Rücksprache mit den Verantwortlichen zusammen mit einer anderen Freiwilligen, Xiang, damit betraut, das deutsche Tischtennisteam im Alltag zu unterstützen.
Jeden Tag sind wir zwischen den Hallen unterwegs gewesen – von der Wäscherei über den Empfang der Delegation bis zur Tischtennis-Arena. Besonders an den Wettkampftagen waren wir früh morgens schon im Einsatz und sorgten dafür, dass Wasser, Bananen und Energieriegel pünktlich am Spieltisch bereitstanden. So konnte jeder Spieler und jede Spielerin vor dem Match noch mal ordentlich Energie tanken.
Diese Aufgaben klingen vielleicht einfach, aber sie müssen wirklich fehlerfrei erledigt werden – schließlich entlasten sie damit das gesamte Team und ermöglichen den Athleten und Athletinnen, sich voll und ganz auf ihre Spiele zu konzentrieren. Nach und nach hat sich das Team daran gewöhnt, dass wir nicht nur „die helfenden Volunteers“ sind, sondern ein fester und wichtiger Teil des täglichen Ablaufs geworden sind.
Was viele nicht sehen: Hinter einem großen Wettbewerb steckt eine Menge organisatorischer Aufwand – auch in Bereichen, an die man zunächst gar nicht denkt. Zum Beispiel: das Waschen der Kleidung. Bevor ich als Volunteer dabei war, hätte ich nie gedacht, wie wichtig das mit der Wäsche eigentlich ist. Rückblickend ist das aber völlig logisch. Für diesen Wettbewerb hat der Veranstalter extra zwei große Container mit Waschmaschinen und Trocknern aufgestellt – fast 40 Geräte insgesamt –, um dem enormen Wäscheaufkommen gerecht zu werden.
Die Welt jenseits des Tisches
Tischtennis ist für mich etwas sehr Vertrautes.
Als ich das erste Mal die deutsche Delegation traf, fragte mich eine Kollegin:
„Kennt ihr euch gut mit Tischtennis aus?“
Ich lächelte und antwortete:
„Natürlich, wir kommen aus China!“
Ich bin zwar kein Profi, aber als Chinesin habe ich doch eine besondere Verbindung zu diesem Sport – fast schon ein stolzes Gefühl, das mich erfüllt. Bei großen internationalen Veranstaltungen schaue ich mir deshalb meistens automatisch einige Spiele an.
Dieses Mal war es anders: Hier in Deutschland, in einem völlig neuen Umfeld, durfte ich als Volunteer ganz nah am Team dabei sein und ihren Alltag miterleben. Und ehrlich gesagt – das hat meine Sicht auf den kleinen Ball komplett verändert! Jeder Schlag, jeder Punkt hat live vor Ort eine ganz andere Kraft als im Fernsehen.
Unsere Kollegin Anna, die das Team betreut, hat uns spannende Einblicke in die Taktik und das deutsche Hochschulsportsystem des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes (adh) gegeben. Dabei habe ich viel Neues erfahren. Besonders interessant fand ich, dass die persönlichen Wege und Ziele der deutschen Spielerinnen und Spieler ganz anders als bei uns in China sind.
Die Spielerinnen und Spieler hatten oft zwei oder drei Spiele pro Tag, was wirklich anspruchsvoll ist. Besonders beeindruckt hat mich jedoch: die Blicke, die sie sich gegenseitig zuwarfen, der Trainer, der einerseits streng schaute, andererseits aber auch applaudierte, und die Fans auf den Rängen mit Trommeln und lauten Rufen:
„Auf geht’s, Deutschland, auf geht’s!“
„Punkten, Deutschland, punkten!“
Mir wurde klar, dass ein Spiel nicht nur am Tisch entschieden wird. Dahinter steht ein ganzes Team aus Betreuenden, Therapeut:innen, Trainer:innen und natürlich die Spieler:innen selbst. Jeder trägt auf seine Weise dazu bei – und zusammen entsteht etwas Großes.
Jeder trägt auf seine Weise dazu bei – und zusammen entsteht etwas Großes.
Jinmeng
Highlight-Moment: Unser großer Auftritt mit dem deutschen Team
In diesen zwei Wochen war der wohl unvergesslichste Moment der gemeinsame Einmarsch mit dem deutschen Team bei der Eröffnungsfeier. Als Volunteers der Gastgeber-Delegation durften wir nicht nur an dieser beeindruckenden Zeremonie teilnehmen, sondern hatten auch die Ehre, gemeinsam mit der deutschen Mannschaft den Schlussakkord zu setzen.
Als wir das Spielfeld betraten, erfüllten tosender Applaus und Jubelrufe aus den Zuschauendenreihen die Halle – in diesem Augenblick spürte ich eine Welle von Aufregung und Stolz, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte.
Dieses Gefühl gehörte nicht nur mir allein, sondern jedem Moment, den wir zusammen erlebt haben. Es war eine Wertschätzung dieser besonderen Zeit und eine Ehrung des gemeinsamen Einsatzes, der Leidenschaft und des weltweiten Sportsgeistes, der uns alle verbindet.
Was bleibt, sind die Verbindungen zwischen Menschen
Meine Zeit als Volunteer bei den FISU hat mir nicht nur die Faszination des Sports hautnah gezeigt, sondern auch den wärmsten und kraftvollsten Abschluss meines Masterstudiums beschert. Ich habe eine lebendige, echte Welt erlebt – ein riesiges, präzise arbeitendes Uhrwerk aus unzähligen stillen Helfer:innen, voller Energie und Leben.
Durch dieses internationale Großereignis habe ich Deutschland und die Region Rhein und Ruhr noch einmal ganz neu kennengelernt. Ich durfte spüren, wie viel sorgfältige Planung und menschliche Fürsorge hinter so einer Veranstaltung stecken – jedes Detail, jede Anstrengung ist das Ergebnis von Herzblut und großen Träumen.
Das Kostbarste aber sind die Freundschaften, die ich hier geschlossen habe. Wir kommen aus unterschiedlichen Ländern, haben ganz verschiedene Geschichten, doch in dieser besonderen Zeit sind wir eng miteinander verbunden. Vielleicht treffen wir uns eines Tages wieder – auf den Straßen Deutschlands, in einem Café in den Niederlanden, in einer Stadt in China oder irgendwo ganz weit weg auf der Welt.
Egal wo wir sind, ich freue mich schon jetzt auf den Moment, wenn wir mit all diesen wertvollen Erinnerungen wieder zusammenkommen. Möge jedes Wiedersehen das Licht von heute in sich tragen.
Möge jedes Wiedersehen das Licht von heute in sich tragen.
Jinmeng




